Nichts wirkt überzeugender als das, was man mit eigenen
Augen sieht. So bat ich Donisl, die Pferde zu halten,
und stieg mit Loger und dem Fräulein auf die nächste
Höhe. Auf der Ebene von Mar sa La sahen wir drei gelb-
schwarze Trupps in verschiedene Richtungen reiten. Das
war noch beruhigend weit entfernt. Dann begann der Dieb
mit ruhiger Stimme zu erklären, warum da im Wald ein
Schwarm Vögel aufflog, und warum dort ein Reh durch die
Büsche sprang. Wir waren in Bedrängnis.
Zu den Pferden zurückgekehrt, hielten wir Kriegsrat.
"Alleine komme ich durch", sagte der Dieb, "aber drei
andere kann ich dabei nicht führen".
"Ich käme auch allein zurecht", sagte Donisl, "aber ich
traue mich nicht, eine ganze Gesellschaft zu
verstecken".
"Ich könnte es mit dem Fräulein zusammen schaffen, wenn
sie Schmerzen und Angst verkraften kann", meinte ich.
"Ich halte Schmerzen aus," antwortete Raffaela. "Wenn
ich in Staatsrobe und engen Schuhen stundenlange
Empfänge durchstehe, dann ertrage ich Schmerzen genug.
Ob ich auch Angst durchstehen kann, weiß ich nicht".
"Wir werden es aber versuchen müssen", entschied ich.
"Was für Sachen hast Du dabei, Loger?"
"Ich habe den Kohlenträger, den Stadtschreiber und den
Lakai".
"Der Kohlenträger ist ausgezeichnet", sagte ich.
Loger warf ein dünnes Bündel schmutziger Kleider auf
den Boden.
"Bitte legt Eure Gewänder ab, packt sie zusammen und
gebt sie dem braven Soldaten", sagte ich zu dem
Mädchen, "und zieht dieses Zeug an".
Raffaela verschwand hinter dem Gebüsch und kam einige
Zeit später in den schmierigen Kleidern eines
Kohlenträgers heraus.
"Und nun mach Maske" , sagte ich zu Loger, "Und es darf
nicht eine Spur von Magie dabei sein".
Loger zog die Haare des Mädchens straff zusammen und
band sie zu einem Zopf. Dann schmierte er hier und da
in ihrem Gesicht und auf ihren Händen herum, während
Donisl auf meine Anweisung ein großes Bündel Reisig
zusammenband.
"Nun beginnen die Schmerzen", sagte Loger, suchte einen
Stein und schob ihn in den Schuh des Mädchens. "Darauf
müßt Ihr laufen".
"Nun zu mir", sagte ich, "macht mich alt, gemein und
häßlich".
"Warum die vollkommene Natur verbessern?" versuchte
Loger einen schwachen Scherz, malte mir eine rote Nase,
Tränensäcke und einen grauen Strich die Mundwinkel
herab.
"Ab mit Euch", sagte ich, "wir treffen uns bei dem Berg
dort drüben vielleicht in drei oder vier Stunden", und
Dieb und Magier verschwanden im Gebüsch, wobei jeder
das überzählige Pferd an der Leine führte.
"Nun zu uns beiden. Ihr müßt das Reisigbündel tragen",
sagte ich zu Raffaela. "Das verändert Euren stolzen
Gang und schwitzen gehört zur Tarnung. Den Stein aus
dem Schuh könnt Ihr vorläufig herausnehmen, aber
behaltet ihn in der Tasche".
Raffaela hob ungeschickt das Reisigbündel auf den
Rücken und schwankte los. Ich schnitt von einem Busch
eine Gerte. "Damit werde ich Euch im Notfall vielleicht
schlagen müssen. Denkt daran, daß die Hose einiges
abhält, und vergeßt nur nicht, zu weinen".
Raffaela sah mich mit großen Augen an und marschierte
weiter. Ich spazierte, die Gerte durch die Luft
schwingend und gelegentlich pfeifend, hinterher. Die
ersten beiden Begegnungen verliefen harmlos. Keiner der
gelb-schwarzen Späher, die wir unterwegs trafen,
schenkte uns mehr als einen flüchtigen Blick. Von
Raffaela sah man nur ein großes Reisigbündel mit zwei
Beinen darunter. Als wir aber einen breiteren Weg mit
einigem Verkehr erreichten, wartete ein ernstes
Hindernis.
Am Wegesrand lümmelte sich bei einem Haufen gefällter
Stämme eine Gruppe von fünf Bewaffneten mit einem
falkenäugigen Magier oder Illusionisten in der Mitte,
der jeden, der vorbeikam, eindringlich musterte. Ich
holte meine Messingflasche aus der Tasche und gab sie
Raffaela: "Nehmt einen kleinen Schluck. Das Zeug brennt
und treibt einem die Tränen in die Augen, aber es
stärkt".
Raffaela setzte die Flasche an und hustete. Tränen
liefen über das rußgeschwärzte Gesicht. Sie taumelte an
den Kriegsleuten vorbei.
"Halt, Ihr beiden," rief der Zauberkundige, "nur einen
kleinen Augenblick".
"Weiter Bürschchen", befahl ich und schlug mit der
Gerte auf ihre Waden. "Ich bezahl Dein Futter nicht,
damit Du herumtrödelst".
Raffaela stolperte und die Messingflasche fiel aus
ihrer Tasche. Der Mann sah Raffaela höhnisch an, nahm
die Flasche und warf sie mir zu.
"Weißt Du eigentlich, daß Dein kleiner Bastard schon
säuft? Er stinkt wie eine Brennerei nach schlechtem
Fusel". Der Mann verkannte meinen guten Zack, nicht
gerade ein Kenner. "Ein kleiner Schluck zur rechten
Zeit hilft dem Jungchen beim Tragen", grinste ich und
ließ die Gerte pfeifen. Raffaela stolperte weiter.
"Schmutziger alter Lump", sagte der Mann, "Deine Art
kenne ich genau". "Wohl von Deinem Vater", erwiderte
ich frech und lief hinter Raffaela her.
Die Soldaten lachten. Der Mann nahm einen Stein und
warf ihn mir nach. Ich ließ mich treffen und jaulte.
Mann soll dem überlisteten Feind eine kleine
Befriedigung gönnen. Dann dauert es etwas länger, bis
er merkt, daß er geleimt wurde.
Wir marschierten noch eine Stunde, dann erlaubte ich
Raffaela, das Reisigbündel abzunehmen, bevor sie am
Ende ihrer Kräfte war.
"Ich habe mich so gefürchtet", sagte sie. "Der Kerl hat
mich so gemein angesehen".
"Du hast Dich sehr tapfer gehalten", erwiderte ich.
"Dein Vater wäre stolz auf Dich".
Raffaela strahlte und begann zu tänzeln. Das Lob hatte
ihr Auftrieb für eine weitere Stunde Weges gegeben.
Später merkte ich, daß sie mit spitzen Fingern in ihrer
Verkleidung nach einem Taschentuch suchte. Ich erklärte
ihr, daß sich ein Kohlenträgerjunge mit den Fingern
schneuzt und dann die Finger an der Hose abwischt. Nur
so bekämen die Hosen diesen schönen Glanz. Raffaela war
entsetzt. Ich gab nach. In besonders gefährlichen
Situationen sei es vielleicht auch erlaubt, sich die
Finger an Gräsern oder Farn abzuwischen. Raffaela blieb
etwas zurück, ich hörte sie schniefen. Als sie wieder
zu mir aufschloß, blickte sie angeekelt auf ihre
Finger, die nun ein Stück sauberer waren als vorher.
Seit einiger Zeit schon hatte ich bemerkt, daß uns
jemand auf halber Höhe des Waldes folgte. Nun winkte
ich, und Loger trabte, Raffaelas Pferd hinter sich her
ziehend, zwischen den Bäumen hervor. Er habe nicht die
geringsten Schwierigkeiten gehabt, lachte er, die
Söldlinge d'Assels seien nicht für eine Jagd im
Hügelland geboren. Ich lobte nun wieder Raffaelas Mut,
und sie erzählte dem Dieb den Vorfall in allen
Einzelheiten.
Donisl wartete schon am Treffpunkt und hatte sein
Selbstvertrauen so vollständig wiedergewonnen, daß ich
mich zu der Bemerkung hinreißen ließ, ich hätte bisher
nicht gewußt, daß die Magierschule von Kalithera auch
einen Lehrgang für Freunde der Schlange anbiete. Donisl
lächelte säuerlich und zuckte mit den Schultern.
Raffaela wollte jetzt wieder aus ihrer Verkleidung
heraus, aber ich entschied, dafür sei keine Zeit. Sie
sollte als Kohlenträger weiterreiten, und zwar im
Herrensitz. Raffaela war unsicher.
Sie habe zwar Reiten gelernt, aber im Damensitz. Und
außerdem fürchte sie sich etwas vor Pferden. Sie hätten
solche langen gelben Zähne. Die beiden Partner des
verunglückten Geschäfts grinsten und redeten Raffaela
gut zu. Und so ging es recht und schlecht in einem
schnellen Trab weiter. Raffaela ritt unbeholfen im
Herrensitz, und nach einiger Zeit geschah dann das
Unglück. Als ich von der Wegbiegung unter uns
Hufgeklapper hörte und scharf "Halt" befahl, riß sie so
stark an den Zügeln ihres Pferdes, daß das arme Tier
rückwärts über den Weg hinaus trat und, eine
Steinlawine auslösend, den Abhang hinunterrutschte. Ich
trieb meine alte Stute gewaltsam ihr nach den Abhang
hinunter, während Loger und Donisl um die Kehre herum
galoppierten.
Es war ein klarer Fall von Anfängerglück. Wir fanden
Raffaela, nicht mehr köhlerschwarz, sondern steingrau
gepudert, aber ansonsten unbeschädigt. Sie hielt tapfer
die Zügel ihrer Stute in der rechten Hand. Ein
reiterloses Pferd jagte in den Wald, und neben einigen
Brocken lag ein Gestreifter mit einer prächtigen Beule
im Helm.
"Das war ein Orküberfall", sagte Loger. "Die einfachste
Erklärung ist ein Orküberfall. Orks lösen Steinlawinen
aus".
"Dann mach zu", schnautzte ich.
Während Raffaela sich abstaubte und verschämt wegsah,
entkleidete Loger den Gestreiften bis auf das
Lendentuch und steckte alles, auch das verbogene
Schwert des Mannes, in einen Sack.
"Nur nicht übertreiben", sagte ich, als Loger dann
einzelne verwischte Orkspuren anlegte. "Schnell weg von
hier".
Wir flohen in den Wald.
Wir eilten in fast gerader Linie durch das Hügelland,
jede Schwenkung nach links durch eine nach rechts
ausgleichend, um eine möglichst große Entfernung
zwischen uns und den Ort der Geschehnisse zu legen. Wir
ritten auch noch in der Dämmerung und kurz darauf in
der Nacht.
Loger trabte voraus.
Der nichtmenschliche Teil seines Erbes hatte ihm die
Fähigkeit zur Nachtsicht gegeben, und er führte uns
sicher und auf guten Wegen. Dieser Teil des Vorgebirges
war fast menschenleer. Jedenfalls lag zwischen hier und
der kargen Steppe vor der Wüste keine größere
menschliche Ansiedlung.
Nach etwa zwei Stunden Ritt in der Dunkelheit klärte
sich der Himmel, und ein silberner Mond schien herab.
Ich bat Loger, einen sicheren Platz für den Rest der
Nacht zu suchen, denn Raffaela
schwankte im Sattel, nickte gelegentlich ein und
schreckte dann wieder hoch, um die Zügel fester zu
fassen. Nach einer weiteren halben Stunde fand Loger
einen geeigneten Ort. Vor einer kleinen Wand wuchs ein
verfilztes Gebüsch, doch zwischen Wand und Büschen
blieb genug Platz für uns und unsere Tiere. Wir machten
es Raffaela so gut es ging bequem, und sie schlief
sofort ein. Ich übernahm die erste Wache und bat, mich
zu wecken, sobald der Morgen aufzog. Nach zwei Stunden
weckte ich den Magier, und nach einem viel zu kurzen
Schlaf rüttelte Loger mich wach. Wir verzehrten schnell
ein kaltes Frühstück. Der Geruch des Brotes und der
Bratenscheiben weckte auch Raffaela. Ich winkte sie
heran, sie bestand aber darauf, zuerst Toilette zu
machen.
Donisl warf ihr mit eleganter Geste seinen Kamm zu, und
Loger sicherte, als Raffaela den nahen Bach aufsuchte.
Es dauerte einige Zeit, und als Loger vor Raffaela
zurückkam, meinte er verächtlich, es sei nur eine
Katzenwäsche gewesen. Aber zum Kämmen habe diese Gans
eine Ewigkeit gebraucht. Als Raffaela dann frühstückte,
sagte Donisl: "Nun laßt uns mal nachsehen, was uns der
Glücksgott beschert hat".
Loger holte den Sack und packte ihn aus. Als erstes hob
er den verbeulten Helm hoch. "Kein Interesse" sagte
ich. "Wer den trägt, hat täglich mehr Kopfschmerzen,
als die, welche unser gestreifter Freund noch für ein
oder zwei Tage aushalten muß".
Loger legte den Helm beiseite. Ohne uns zu fragen, tat
er das verbogene Schwert dazu. Dann deutete er auf den
Brustharnisch des Reiters, und Donisl und ich
schüttelten den Kopf. Es folgte ein Dolch, den er nach
einem Blick auf Donisl Raffaela in den Schoß warf.
Raffaela quietschte und schob den Dolch weg.
"Steck ihn in den Hosenbund", sagte ich. "Vielleicht
mußt Du unterwegs einmal ein Kaninchen abziehen".
Ich mußte etwas Falsches gesagt haben, denn Raffaela
wurde blaß.
Jetzt folgte etwas Interessantes. Loger zeigte ein
kurzes hüftlanges Kettenhemd mit verstärkter
Halskrause. Es war fast neu, und selbst ich mußte
zugeben, daß es ordentlich gearbeitet war.
Loger war sehr interessiert.
"Nimm Du es," stimmte Donisl zu. "Ich schütze mich mit
anderen Mitteln".
Loger stand auf, legte seine Lederrüstung ab und
schlüpfte in das Kettenhemd. Es war etwas zu weit und
Loger schaute enttäuscht. "Behalte es", sagte ich,
"etwas zu weit ist besser als
hautnah. So fängt es den Stich besser ab. Eine
maßgeschneiderte Rüstung ist schon manchem Gecken zum
Verhängnis geworden. Ein Kettenhemd muß locker sitzen".
Loger zog seine Lederrüstung wieder über und war
zufrieden. "Es ist leichter, als ich dachte", meinte
er. Dann hob er einen Beutel hoch. Er war dicker, als
man es bei einem einfachen Söldner vermutet hätte.
Loger ließ den goldenen Inhalt in das Gras rollen, und
seine geschickten Finger formten schnell zwanzig kleine
Stapel zu zehn Münzen.
"Donnerwetter!" sagte er, "ein unverhoffter Fang".
"Verteile es gerecht", sagte ich ungerührt.
"Ein Zehntel für die Armen", seufzte Loger mit einem
frommen Augenaufschlag und steckte zwanzig Kronen in
einen Schlangenlederbeutel unter seinem Gürtel. Es
hätte mich auch sehr gewundert, wenn er unter meinen
Augen versucht hätte, den Anteil der Gilde zu
schmälern.
"Zwanzig für jeden von uns" sagte er dann, "denn wir
haben nur zugesehen". Dann schob er Donisl und mir
jeweils zwei Stapel zu und versorgte zwei weitere
Stapel in einem anderen Beutel.
"Und einhundertzwanzig für die Prinzessin der
Wegelagerer", schloß Loger.
"Nein, das kann ich nicht annehmen", keuchte Raffaela.
"Es gehört sich nicht, und außerdem war es ein
Diebstahl!"
Loger nickte und freute sich sichtlich über Raffaelas
Fachkenntnisse. Ja, sagte er, es sei ein ganz normaler
Diebstahl nach Artikel zweiundvierzig gewesen, nachdem
zuvor eine ungewollte, aber schwere
Gesundheitsbeschädigung geschehen sei, und danach eine
nicht gewährte Hilfe für Verletzte. Die Sache sei etwa
ein Jahr im Steinbruch wert, schlimmstenfalls ein Jahr
Galeere. Ob aber der Herr Oberrichter Brandpeter, ein
Mann ohne jede Phantasie, von solchen mildernden
Umständen zu überzeugen sei, bliebe zweifelhaft.
Immerhin deuteten die Spuren eindeutig auf einen durch
eine Bande ausgeführten bewaffneten Raub nach Artikel
vierundvierzig und fünfzig. Das gäbe mindestens fünf
Jahre. Er selbst habe sehr schlechte Erfahrungen mit
diesem Mann.
Raffaela erblaßte erneut, und Donisl begann,
unterdrückt zu lachen.
"Es war doch ein Zufall", rechtfertigte sich Raffaela.
Donisl nahm die einhundertzwanzig verbliebenen
Goldstücke, knotete sie in eines seiner blütenweißen
Taschentücher und warf sie Raffaela in den Schoß. "Es
war kein Zufall. Es war ein brillant geplantes und
geschickt ausgeführtes kleines Einzelunternehmen. Meine
Hochachtung, liebste Raffaela. Allerdings mußt Du jetzt
ein schönes Gewicht an Gold bei Dir tragen. Aber der
Gedanke an die Schals, die Batisthemden und die kleinen
Ohrringe, die Du Dir jetzt leisten kannst, sollte Dich
stärken".
Raffaela erröten über das "Du" und das "liebste
Raffaela" und griff zögernd nach dem Päckchen. Entweder
die Schals oder die kleinen Ohrringe hatten sie
überzeugt. Jedenfalls schien auch Raffaela diesen
jugendlich gesunden Erwerbstrieb zu besitzen, der auch
die anderen beiden Mitglieder dieser Gesellschaft
auszeichnete. Jetzt sortierte Loger die Kleider von
Raffaelas Opfer.
Der gelb-schwarze Überwurf landete auf dem
Abfallhaufen.
"Hemd, Hosen und Überrock nimmt Raffaela", sagte ich.
"Wir werden noch eine Amazone aus Dir machen".
Jetzt zögerte der Dieb und hielt in seiner Hand eine
lederne Kuriertasche.
"Laß mich mal", sagte der Magier und nahm aus der
Tasche zwei gefaltete Bögen. Das eine war die Abschrift
eines Schreibens des Kanzleramtes an Herzog d'Assel, in
dem der Unterzeichnete seine Freude darüber ausdrückte,
daß ein Regiment der Truppen des verbündeten Herzogtums
an den diesjährigen Frühjahrsübungen des Reichsheeres
teilnehmen würde. Unterzeichnet war das Schreiben mit
Humdar, Magister, Landessekretär.
"Den alten Langweiler kenn ich", warf Raffaela ein.
"Der drückt sich schon seit Jahren von Schreibtisch zu
Schreibtisch".
Das andere war die Ausfertigung eines Befehls an die
herzoglichen Truppen, sich jeder Anweisung der
königlichen Offiziere freudig zu fügen. Übungsziel sei,
das Eindringen kleinerer bewaffneter Trupps über die
Berge in das innere Reichsgebiet zu verhindern.
Donisl verstummte.
"Wie lange dauert die Übung?" wollte Loger wissen.
"Davon steht hier nichts", sagte Donisl.
Ich erkundigte mich bei Raffaela, wann die Ratssitzung
sei, und diese meinte, sie wisse es nicht genau.
Vielleicht in vier oder fünf Wochen, auf jeden Fall
aber nach dem Fest der Nymphen.
"Wir gehen durch die Wüste", sagte ich. "Es ist
garnicht so schlimm, wenn man sich etwas auskennt. Es
macht nur schlank und klärt die Gedanken".
Raffaela verstand den Sinn meiner Worte nicht, Loger
nahm es als Befehl hin, und Donisl seufzte ergeben:
"Ich habe nicht gewußt, daß man auf der breiten Straße
der Sünde manchmal auch den Gürtel enger schnallen
muß".
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